Mittwoch, 14. Dezember 2011

india 3.0


...all done, rien ne va plus!
ab jetzt nur noch "zum Spaß"...
...ein herzliches Wilkommen!

Als ich Mitte Mai zum letzten Mal die Türe zum alten Studentenhaus in Wien verschloss, hatte ich eigentlich keine Ahnung, welche Überraschung das Leben in den nächsten Monaten für mich bereit halten würde. Das Fahrrad war gepackt, um damit nach Indien zu fahren. Mit an Bord war alles, was man zum Leben auf der Straße benötigt: Zelt, Schlafsack, Kocher, Gitarre und sogar Kletterschuhe waren mit dabei. Und auch der imaginäre Rucksack aus Ängsten, Vorurteilen, Allgemeinbildung und guten wie schlechten Manieren war im Laufe von 27 Jahren reichlich gefüllt und bereit dazu entsorgt zu werden. Die weit entfernte Ankunft in Varanasi war damals und in vielen großen und kleinen, überglücklichen und auch traurigen Momenten meiner Reise der einzige Fixpunkt eines Lebens, das sich um Schlafen, Radeln und die Suche nach Kohlenhydraten, Kalorien und Wasser drehte. Nach 154 Nächten auf dem harten Boden von 12 Ländern, 8500 Kilometern auf Asphalt-, Wüsten- und Passstraßen und mit zu- und manchmal unzumutbarem Essen erreiche ich Ende Oktober den heiligen Ort am Ganges, der neben vielen anderen Namen auch Varanasi genannt wird. Dort angekommen schlottern mir ganz schön die Knie. Aufregung - schwankend zwischen Euphorie und Angst - durchflutet meinen Körper. Gedanken und Erwartungen aus eineinhalb Jahren Vorbereitung warten darauf, mit der Realität abgeglichen zu werden. Und dann scheint sich der imaginäre Rucksack nach mehr oder weniger erfolgreichem Entleeren wieder füllen zu wollen. Was erwartet mich, wie verhalte ich mich richtig, was zum Teufel mache hich hier eigentlich?  Doch diesmal sollte die Tasche zu bleiben…

...Fragen über Fragen,
...hier und da ein Schulterklopfer,

Nach herzlicher Begrüßung des deutsch/indischen Personals treffe ich zum ersten Mal auf die Kinder, die mir als Willkommensgruß Blumengirlanden um den Hals hängen und mich  durch ihre einfache und liebevolle Art aus der verkopften, so furchtbar komplizierten Welt der Erwachsenen entführen und mir damit - in einer Art und Weise zu der eben nur Kinder in der Lage sind - jeden Anflug von Angst und Unsicherheit nehmen.


ehrliche Freude...

Nach der für Indien obligatorischen Segnung und dem Begrüßungsritual werde ich mit durchschnittlich 2 Kindern pro Hand durch die beiden Häuser der Organisation geführt und stolz präsentieren mir meine kleinen Freunde ihre Zimmer und gebastelten Dinge und damit den Ort, den sie ihr Zuhause nennen. Mit großer Freude stelle ich fest, dass auch meine bisherigen Assoziationen mit dem Begriff Kinderheim eines Updates bedürfen. In den nächsten spannenden 4 Wochen meiner Arbeit  mit den Kindern sehe ich - neben den normalen Alltagsproblemen heranwachsender Menschen - vor allem  Zusammenhalt, liebevollen und sozialen Umgang und ganz ganz viel ehrliche Freude und Heiterkeit. Tugenden, die vor dem Hintergrund der Vergangenheit und Geschichte der Kinder umso beeindruckender sind und die die eigenen Unannehmlichkeiten des Lebens so furchtbar klein erscheinen lassen. Der Start ist mehr als gelungen und mit einem guten Gefühl hänge ich die Radelhose an den Haken, tausche  Zelt gegen Hotelzimmer, um meine erste Nacht im heiligen Varanasi hinter mich zu bringen.  

....bunte Zimmer,

und viele kleine Geschichten...


Update:



Freitag, 25. November 2011

india 2.0...

"heilige" Unordnung auf den Straßen...(Quelle:blog.theentrepreneurschool.com)


Perfektion am Straßenrand...
der heilige Fluss...

fließt...


...die Vorahnung, dass Indien nicht unbedingt ein Ort ist, an dem man auf dem Fahrrad Frieden finden kann, hat sich auf dem Weg nach Rishikesh durchaus bestätigt. An die täglichen 5 Stunden im Sattel hat sich der Körper bereits gewöhnt, schlechte Luft und miese Straßen können uns auch nicht mehr aus der Reserve locken. Trotzdem versteht es der indische Verkehr, in einer bisher nie dagewesenen Form, das Letzte aus einem rauszuholen. In einer niemals abreißenden Lärmkulisse aus Hupen und den Lebensgeräuschen alter 2-Taktmotoren sind meine sensiblen Ohren am Abend  aufgrund der massiven Reizüberflutung ziemlich müde. Und auch wenn mir die letzten Monate sehr viel Freude gebracht haben, muss ich doch zugeben, dass ich mich sehr freue bald ankommen zu dürfen und die Radlerhose auf "bestimmte" Zeit an den Nagel hängen zu können. Nach Amritsar ist Rishikesh gleich eine weitere besondere Stadt in Indien. In den Ausläufern des Himalayas versteckt sich diese mehr oder weniger "kleine" Stadt. Da die letzten Tage nicht gerade unter die Kategorie Erholung fallen, genieße ich die Ruhe dieses Ortes und die Kühle des heiligen Flusses Ganges. Dass die Pause längst überfällig war, merke ich jedoch erst, als ich mir ein paar Ruhetage gönne. Der Körper antwortet darauf dankbar mit einer Grippe. Um das Projekt in Varanasi pünktlich starten zu können und nicht völlig fertig anzukommen, beschließe ich nach langem Hadern, für die letzten Kilometer auf die Eisenbahn zurückzugreifen. Dass die indische Bahn mit einer offiziellen Durchschnittsgeschwindigkeit von 55,7892345 km/h nicht unbedingt auf ICE-Niveau liegt, war mir klar. Allerdings war ich über die "Entschleunigung" dieser Dienstleistung dann doch etwas erstaunt, als ich nach 22 Stunden (für 750km) aus dem Zug purzel. Trotzdem war die Zugfahrt - vielleicht weil es die erste nach 5 Monaten war - ein schönes Erlebnis. Und  plötzlich stehe ich in der Stadt, welche die letzte dieser Reise sein soll... man könnte sagen: wir sind angekommen!

und fließt...

und schmeckt...Chapeau!

FINISH... beinahe!

Dienstag, 15. November 2011

india 1.0...


Namaste India...

Und plötzlich war da Indien...schon beinahe selbstverständlich und ohne große Aufregung erreichen wir Mitte Oktober die pakistanisch/indische Grenze in Lahore/Amritsar. Nach 12 Ländern und 8000km ist das eigentlich nichts besonderes mehr. Dennoch ist und bleibt der Länderwechsel und der damit verbunde Kultur- und manchmal sogar Weltenwechsel ein spannendes Highlight einer unroutinierbaren Routine. Die indische Grenze macht da keine Ausnahme, auch wenn sie für Ausländer die einzige Verbindung der beiden Staaten darstellt und die allabendliche Grenzschließung auf beiden Seiten in einer theatralisch höchst anspruchsvollen Darbietung beinahe darüber hinwegtäuschen kann, dass die Luft zwischen den beiden Ländern mehr als elektrisiert ist. Dass dies nun meine letzte Grenze, mein letztes Visum und mein letztes Land aus 5 spannenden Monaten ist, kommt mir erst später in den Sinn. Schließlich sind es immer noch stolze 1500km und Indien eilt  nicht gerade der Ruf voraus, besonders gute Fahrradwege zu haben. Wie dem auch sei, es ist schön, hier zu sein und ich freue mich über das, was ist und was kommen wird. Da dies ja bereits mein zweiter Besuch in Indien ist, fühle ich mich ein wenig vorbereitet, werde dann aber gleich auf den ersten Kilometern auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Auf dieses Land kann man sich nicht vorbereiten... Was mit den Gerüchen anfängt, die von überall her und in allen möglichen Kombinationen die Nase erobern, setzt sich in den Geräuschen des Lebens fort und findet letztlich in den Bildern und Farben, die man zu sehen bekommt, ihren Höhepunkt. Dabei schwankt jede Eigenschaft zwischen enorm abstoßend und überaus anziehend. An guten Tagen kann man große Freude daran finden, sich in dieser so furchtbar gegensätzlichen Welt umher treiben zu lassen. An schlechten Tagen erfordert es jedoch recht viel "contenance", nicht den Verstand zu verlieren.

ein guter Tag mit neuen Freunden..... (Quelle: Rozy Kennedy)

In Amritsar entspanne ich mich für zwei Tage und mische mich unter die zahlreichen Touristen, die nach dem Besuch in Pakistan eine ungewohnt sympathische Abwechslung darstellen. Als "Mekka" der gläubigen Sikhs ist Amritsar ein guter Ausgangspunkt, um nach so langer und intensiver und interesannter Reise durch die muslimische Welt in die religiöse Vielfalt Indiens eingeführt zu werden. Nach kurzer Rast im Goldenen Tempel und herzlicher Verabschiedung meiner Weggefährten tausche ich Turban gegen Fahrradhelm, um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Mein Plan ist es, den Himalaya-Ausläufern im Norden Indiens bis zur heiligen Stadt Rishikesh zu folgen und dann von dort aus entlang des heiligen Flußes die heiligste aller Städte - Benares - zu erreichen. Man bemerkt: irgendwie hat hier so ziemlich alles einen mystischen und religiösen Hintergrund und jeder Ton, jeder Geruch und jede Geste sind Teil dieses bunten, niemals endenden "Gottesdienstes".

Sonntag, 30. Oktober 2011

Pakistan...

Bye Bye China!

Sallam' Pakistan - als der highway noch Asphalt hatte...

Pakistan ist, zumindest auf dem Papier, eines der kritischen Länder meiner Route. Interessant ist im Vorfeld, wie weit (wieder einmal) politische Berichterstattung in den Medien von den Berichten entgegen kommender Reisender abweichen. Keiner berichtet von Kidnapping, Taliban oder Gewaltakten der einheimischen Bevölkerung. Der Pessimist in mir warnt: Opfer der aufgezählten Freizeitaktivitäten trifft man wohl kaum. Meine Gefühle sind gemischt, aber meistens überwiegt - Gott sei Dank - die Neugierde über Angst und Pauschalisierung.  Von China (Norden) kommend, beginnt unsere (Jeremys (UK), Peters (D) und  meine) Reise mit der Überquerung des Karakorum über den sogenannten Karakorumhighway - der einzigen Verbindung zwischen China und Pakistan. Der Name "Highway" ist im vorliegenden Fall ein wenig irreführend und vielleicht symbolisch gemeint (der Autor konnte nicht herausfinden was eigentlich gemeint ist). Die staubige unasphaltierte Trasse schlängelt sich durch beeindruckende Schluchten vorbei an den höchsten Bergen dieser Erde (K2, Annapurna, Rakaposhi...), während die Aussicht zwischen atemberaubend und gigantisch hin und her schwankt. Nach der Überquerung eines gefluteten Tals per Boot erreichen wir unsere erste Station: das kleine Nest Karimabad im Hunza Valley zu Füßen des Berges Rakaposhi. Das Dorf ist ein Ort wahrer Entspannung und für mich ein kleines Wunder, denn bis auf ein paar Expeditionsteams und uns ist niemand da. Man hat zwar die ganze Zeit das Gefühl, dass vielleicht Nebensaison ist, da die netten Cafés und Souvenirläden ungewohnt leer sind, jedoch wird uns berichtet, dass dieser Anblick seit einigen Jahren der Normalfall ist. Als Folge der Geschehnisse des 11. Septembers gilt Pakistan als Ort, den man meidet, wenn man nicht gerade auf der Suche nach Ärger oder einer Ausbildung zum Terroristen  ist. Touristen bleiben da natürlich aus. Mit welcher Nachhaltigkeit das Image des Landes in den Medien zerstört wurde, ist beeindruckend und traurig zugleich. Allerdings muss man dazu sagen, dass nicht alle Teile des Landes den Frieden so hoch hängen wie die Bewohner des Hunza Valley. .. Neben der beeindruckenden Bergkulisse freuen wir uns auch über das gute Essen, das schon ziemlich indischen Flair aufweist. Der weitere Weg führt uns nach Islamabad, um auch mein letztes Visum zu ergattern. Mit jedem Kilometer, den wir weiter gen Süden fahren, steigt die Luftfeuchtigkeit bis man eigentlich gar nicht mehr genau sagen kann, was zuerst da war - das Wasser in der Luft oder der Schweiß auf der Haut. Die Hauptstadt Islamabad ist relativ langweilig und fügt sich damit ins Bild des Stereotyp 'Hauptstadt'. Nach erfolgreichem Abschluss der Visabeschaffung geht die Reise in östlicher Richtung weiter nach Lahore. Sowohl geografisch als auch kulturell ist man dann eigentlich schon so gut wie in Indien. Bevor es über die Grenze geht, verbringen wir noch einige Tage im wunderschönen Lahore und genießen ein letztes Mal die unvergleichbare Gastfreundschaft der islamischen Welt. Unser Gastgeber hat in jeder Situation noch ein Ass im Ärmel und führt uns kulturell und vor allem kulinarisch in völlig unbekannte Gefilde. Als es dann eines Morgens aufgeht in Richtung der indischen Grenze,   blicke ich zurück auf 3 Wochen voll großer Freude und bin gewiss zurückzukehren. Und plötzlich wird mir klar, dass das hier mein letztes Land, mein letztes Visum und die letzte Grenze  ist und ich nach 5 Monaten angekommen bin in diesem seltsamen großen Land voller Gegensätze und kleiner Wunder.


...hier kommt die Flut - Überschwemmung in Hunza...

Jeremy auf dem "highway"...
prime-time am Rakaposhi...

...Radeln  im Hunza Valley...

dusty roads..."Buckelpiste" meets highway?!


zurück in die Zivilisation...Lahore...






Samstag, 15. Oktober 2011

China...

full moon Irkeshtan



keine lupenreinen Vegetarier...

die Pamir-Show (Pik-Lenin-Gruppe)

...ich wache auf  und weiß (wie so oft in den letzten Monaten) nicht genau, wo ich bin... ach ja... immer noch diese Fahrradgeschichte...ich bin auf dem Weg nach China. C-H-I-N-A... dann kommt erst einmal lange nichts. Das ist neu. Ich bin seit genau 4 Monaten auf der Straße und mein vom Vollmond erhelltes Zelt steht auf dem Grenzpass (Irkeshtan) auf 3600 Metern. Draußen pfeifft der Wind, drinnen ist es kalt und das Wasser in meiner Flasche schmeckt eigenartig kristallin. Zum ersten Mal wird mir klar, dass ich nun wirklich weit weg von "zu Hause" bin. Wobei  ... Moment mal! Eigentlich ist doch China die Heimat meiner Gitarre, meiner Schuhe, meiner Hose, meines Zeltes.... die Liste wäre beliebig weiterführbar. Nur die Jacke kommt aus Bangladesh - ein Rebell. Mir scheint, als wäre ich schon vorher ein halber Chinese gewesen... zumindest was mein Konsumverhalten angeht. Das Visum gab es allerdings trotz meiner langjährigen Unterstützung der chinesischen Wirtschaft nicht.


Der Weg nach China fällt definitiv unter die Kategorie: MÜHSAM, da die Grenze von drei hohen Pässen abgeschottet wird. Dazu kommt noch, dass die Straße mitunter in einem sehr schlechten (bzw. sehr staubigen) Zustand ist, was für Fahrrad (und Fahrer) hier und da recht anstrengend werden kann. Die Landschaft allerdings ist atemberaubend schön. Das Überschreiten der Grenze fällt dann aber für chinesische Verhältnisse realtiv "unkompliziert" aus. Da ich kurz vor der Grenze beschlossen habe, alleine weiter zu reisen, habe ich auch endlich noch einmal einen Kulturschock ganz für mich alleine. Auf dem Weg zur Provinzhauptstadt Kashgar scheint jede Kommunikation zwischen mir und meiner Umwelt zu scheitern. Selbst auf nonverbaler Ebene (Hand-Fuss oder Tanzen des Namens ) ist nichts zu holen. Auch die Leute machen den Eindruck, als wollten sie gar nicht wissen, was hinter den hohen Bergen sonst noch so los ist. Nach Kashgar komme ich nur mit großer Mühe, da sich zu den für diese Breitengrade "normalen" Verdauungsstörungen noch Fieber und extreme Müdigkeit gesellen. Umso mehr freue ich mich dann endlich im Schlafsaal der Jugendherberge schlafen zu können. Als ich aufwache, stelle ich fest, dass neben mir noch 15 andere Radler aus der ganzen Welt vor Ort sind. Die meisten von ihnen sind mir bekannte Gesichter der letzten 7000 Kilometer. Im alternativen Fahrerlager ist die Stimmung recht ausgelassen, während die eine Hälfte krank im Bett liegt und die andere kulinarischen Köstlichkleiten - wie Schafshirn oder Hühnerfuss - hinterherjagt. Unter den Radlern treffe ich Jeremy aus England und Peter aus Deutschland, die beide in die gleiche Richtung unterwegs sind. Da die Chemie stimmt, beschließen wir, bis zur pakistanischen Grenze, die man momentan nur mit dem Bus erreichen kann, zusammen zu fahren. Und plötzlich fällt mir auf, dass ich auf der Karte eigentlich gar nicht mehr weit weg von Indien bin. Wäre da nicht der Karakorum und P-A-K-I-S-T-A-N

Sand zwischen den Zähnen...



Bye Bye C-h-i-n-a



Montag, 10. Oktober 2011

lieber Postbote....

...alle mal herschauen!

Liebe Freunde,
scheinbar hat Postkarte Nr. 2 nicht ihren Weg zu Euch gefunden und ist irgendwo in Zentral-Asien verschütt' gegangen. Da man nie so genau weiß, was die Post so treibt, bleibe ich optimistisch und hoffe, dass auch die 40 verlorenen Postkarten der zweiten Etappe eines Tages ihren Weg nach Europa finden werden. Sollten sie das nicht tun, gibt es eine Ersatzpostkarte aus Indien....schade ist es trotzdem. Was mich hingegen sehr freut ist, dass der Spendenstand seit der letzten Bilanz auf 1750 Euro gestiegen ist. Ich sage erneut: Danke!

Postkarte Nr.3 ist nun versandfertig und ich hoffe, dass die pakistanischen Brieftauben ihre Arbeit gewissenhaft erledigen werden. Da laut Aussage der Post einem Brief mehr Respekt entgegen gebracht wird als einer Postkarte kommt die nächste Ladung im (wenn auch etwas zu großen) Briefumschlag.

Bis dahin viel Spaß beim Lesen...

abwarten und Tee trinken...

Samstag, 8. Oktober 2011

Kyrgistan...

Taxi?

Prime Time



Kyrgistan wird inoffiziell als der wilde Teil Zentral-Asiens gehandelt und steht bei Liebhabern unberührter Natur und bei Hobby-Cowboys hoch im Kurs. Die auf  zwei Leute reduzierte Reisegruppe hatte eigentlich nur eine kurze Durchquerung des Landes im Osten vor, angesichts der beeindruckenden Landschaft beschließen wir jedoch, einen kleinen Ausflug ins Landesinnere zu machen. Ohne Räder geht die Reise mit Bus, Taxi, LKW und Viehtransporter ins schwach besiedelte Landesinnere - zu einem kleinen Biosphären-Reservat. Bewaffnet mit Zelt, Kocher und Kameras erreichen wir nach einer höchst abenteuerlichen Fahrt mit mehr oder weniger stark alkoholisierten Mitfahrern ein kleines Tal, das durchaus Drehortpotential für eine Neuauflage von Bonanza hätte. Auf dem Weg von der recht provinziell wirkenden Stadt Osh (zweit größte Stadt Kyrgistans) bis zum Ziel, dem kleinen Biosphären Reservat, wechselt die Landschaft vom kargen Braun in fruchtbarstes Grün. Die Berge werden höher, die Landschaft wilder. Kurz vor der Dämmerung werden wir von Benschek, einem in Moskau lebenden Kyrgisen aufgesammelt. Benscheks Familie gehören große Teile des Reservats und er nimmt uns die letzten Kilometer auf der Pritsche seines LKWs mit. Neben dem Verkauf von Honig, Milch und Obst aus Kyrgistan widmet er sich momentan dem Bau der ersten Moschee im Tal und läd uns "Heiden" dazu ein, die Baustelle zu besichtigen und mit den Handwerkern zu Abend zu essen. Da es keine gemeisame Sprache gibt, zieht sich die Kommunikation ein wenig in die Länge und schlussendlich landen wir in der Gästejurte auf dem Anwesen der Cartwrights. Glücklich über die niedrigen Temperaturen und die gute Luft schlafen wir ein und träumen schon wildeste Cowboy-Träume, während man in der Ferne die Schakale heulen hört. Am nächsten Tag bietet uns Benschek einen Ausflug durch sein Tal an. So verbringen wir einen ganzen Tag an einem der schönsten Orte, die ich bis jetzt gesehen habe. Das Herz des Reservats ist ein kristallklarer Bergsee, der dem paradiesischen Tal Fruchtbarkeit und Leben schenkt. Nachdem wir zahlreiche Fotos auf Postkartenniveau gemacht haben, wird uns die Ehre zuteil, mit einer Hand voll Biologen den See mit dem Boot zu erkunden. Danach geht die Tour per Auto weiter und Benschek, der am Steuer ein wahrer Teufelskerl ist, beweist uns, dass man mit dem Auto (Golf 3) wirklich überall hinkommt. Da doch die ein oder andere Schlammgrube selbst für das Ego des Maestro zu tief ist, schieben und drücken wir in regelmäßigen Abständen. Nach getaner Arbeit geht es am Abend zurück zur Farm und wir können - neben enorm vielen Fotos - einen total zerstörten Golf vorweisen…wo gehobelt wird, da fallen eben Späne. Benschek stört sich gar nicht am Zustand seines Autos, freut sich aber umso mehr über seine neuen Fotos, mit denen er den Tourismus im Tal ankurbeln will. Zum Abendessen kocht uns Hop-Sing Innereien vom Schaf und nach erfolgreichem Verdrängen des Gedankens, welches Fleischstück wohl welchem Organ zuzuordnen war, schmeckt der Eintopf sogar irgendwie ganz ok. Nach einer weiteren Nacht auf der Ponderosa kehren wir glücklich zu unseren “Pferden” zurück, um die Reise gen China auf uns zu nehmen.  


die Cartwrights und ich...
little John

der See...



wen man so trifft...


für ein gutes Buch ist immer Zeit...
bye bye mister!


Montag, 26. September 2011

Usbekistan...


Usbekistan ... in betont lässiger Pose...


Nach dem Spurt durch die turkmenische Wüste freuen wir uns auf das neue Land und besonders darauf, das Leben, die Menschen und vor allem die Kultur, die reichlich vorhanden zu sein scheint, etwas intensiver aufnehmen zu dürfen. Der Vorteil der neuen Route liegt vor allem darin, dass ich völlig unbefangen und ahnungslos in die Länder einreise... Jedes neue Land ist wie eine neue Welt, es kribbelt bei jeder Grenze aufs Neue. Dafür nimmt man auch die etwas mühsamen Zollkontrollen in Kauf. Mit großer Überraschung erfahre ich, dass Usbekistan eine wirkliche Perle der Seidenstraße ist. Besonders unsere ersten Destinationen Bukhara und Samarkand sind Zeugen des Jahrhunderte alten Treibens der Händler und konnten sogar die kulturelle Gleichmachung von Stiefmutter Moskau überleben. In der kargen Wüstenlandschaft muten diese Orte wie Oasen des Lebens und der Ruhe an. In Bukhara treffen wir Marchet und Simon, zwei weitere schweizer Radler, mit denen ich bereits im Iran einige Abenteuer erleben durfte. Spontan beschließen wir, dieses Land gemeinsam zu erkunden. Darüber, dass wir nun zu 6st sind, wundere ich mich gar nicht mehr und weiß die überaus gute Gesellschaft zu schätzen. Es werden sicher auch wieder andere Zeiten kommen... Das nächtliche Lager, welches stark an ein Pfadfinderlager für große Kinder erinnert, ist auch von den Einheimischen immer gut besucht. Diese sind sehr offensiv, interessiert und stören sich gar nicht daran, dass unser Russisch nur ganz schwach bis gar nicht vorhanden ist. Jeder Dialog beginnt mit dem obligatorischen zweihändigen Sandwich-Handschlag.  Sobald das Stichwort Deutschland fällt, hat man das Gefühl, das Lächeln des Gegenüber weitet sich, bis man auch die hintersten vergoldeten Backenzähne sehen kann. Der Grund dafür liegt darin, dass viele Usbeken ihren Wehrdienst in der DDR verbringen durften. Der Wortschatz beschränkt sich jedoch meist auf Phrasen wie: "Halt zurück oder ich schieße" und errinnert daran, dass in Deutschland vor gar nicht all zu langer Zeit auch noch ein anderer Wind wehte. Da es wirklich etwas zu sehen gibt, entscheiden wir uns, ein wenig Zeit in den Städten zu verbringen. Da Usbekistan in touristischen Kreisen scheinbar noch nicht so bekannt ist, bekommt man für ein paar Dollar einen guten Schlafplatz in einem der zahlreichen Guesthouses. So sitzt man beim Frühstück in den teilweise über hundert Jahre alten Innenhöfen aus der jüdischen Epoche und kann sich wahrlich vorstellen, wie erholsam die Pause damals für die Händlerkarawanen gewesen sein muss. Da auch die modernen Karawanen einen Zeitplan haben, fahren wir weiter in Richtung Hauptstadt. Tashkent lässt sich als typische Hauptstadt beschreiben und dient mit allen Vor- und Nachteilen dazu, die Visa für Kirgistan und China zu ergattern. Besonders das chinesische Visum entpuppt sich für Veloreisende als echte Herausforderung  und ist nach der ersten Ablehnung nur durch Trickserei zu bekommen. Auch für das Peloton heißt es Abschied nehmen von Menschen, die auf der Reise meine Freunde geworden sind. Marchet und Simon kehren nach 7000km in die Schweiz zurück, Sam und Jules drehen eine Extrarunde durch Kirgistan und übrig bleiben Sebastian und meine Wenigkeit, die relativ direkt nach China müssen, um noch vor dem Winteranfang (Oktober) über den Himalaya nach Indien zu kommen.


freundliche Gesichter...
die Polizei...
von außen....
von innen...