Mittwoch, 25. Mai 2011

Serbien 2.0...

Belgrad...
 

Die Hauptstadt präsentiert sich mir im leichten Abendrot genauso wie man sich eine Metropole vorstellt. Ein schier unendlicher Strom an alten Ladas, Yugos und anderen automobilen Raritäten quetscht sich neben mir über die Adern der Großstadt hinein ins Herz, um dort eine riesige Staubwolke zu hinterlassen. Die Reaktion meines Körpers sind rote Augen und ein unangenehmes Kratzen im Hals, die erst wieder verschwinden, als ich zwei Tage später das Ortsausgangsschild erblicke. Die erhoffte Ruhe für den radelfreien Tag bleibt mir verwehrt, da alles um mich herum in Bewegung zu sein scheint. Da Wochenende ist, verfällt die ganze Stadt in einen tranceartigen Partyzustand, und weder Touristen noch Einheimische können nachvollziehen, was mit dem komischen Deutschen los ist, der in der Küche Müsliriegel backt, während im Hostel Limbo getanzt wird. Am nächsten Morgen treffe ich den beeindruckenden Ashtanga Yogi Ranko  http://www.ashtangayogabelgrade.com/index_eng.html. Die Ruhe und Freundlichkeit, die mir dort angeboten wird, ist überwältigend und lässt mich glücklich und entspannt mit besten Grüßen für Indien von dannen ziehen.
Nachdem das Rad beladen ist, finde ich mich bald auf der Straße Richtung Bulgarien wieder, wo ich mich am frühen Abend mit Julian am Bahnhof einer Kleinstadt verabredet habe. Da die Kleinstadt mehr als einen Bahnhof hat, spielen wir ein wenig Hase und Igel, sind aber trotzdem dann irgendwann am gleichen Ort und campieren auf einem Acker in der Naehe.

Froh darüber, ein wenig Gesellschaft zu haben sind wir beide erstaunt, wieviel schneller man zu zweit unterwegs ist. Und so purzeln die Kilometer zwischen ausgiebigen Tee- und Kuchenpausen vom Tacho. Die täglichen gewitterartigen Regengüsse stellen eine dankbare Abkühlung dar. Nach einem regnerischen Tag und erfolgloser Suche nach einem Campingplatz wird uns angeboten im Wohnzimmer eines Bauernhauses zu schlafen. Überrascht nehmen wir halbdurchnässt das Angebot an und sitzen bald vor dem warmen Ofen in der Küche um unser Abendbrot vorzubereiten. Der Bauer Mille entpuppt sich als herzensguter Mensch, der sich troz unserem gemeinsamen Wortschatz von ca. 3 Wörtern nicht davon abbringen lässt mir die Finessen der serbischen Wurstherstellung en detail näherzubringen. Bevor wir erschöpft ins Bett gehen dürfen, werden wir noch genötigt unsere Eltern vom Festnetz aus anzurufen und zu sagen, dass wir in bester Gesellschaft sind. Sichtlich erleichtert kehrt Mille zurück zu seinem abendlichen Fernsehprogramm und wir spielen schnick-schnack-schnuck um den Platz im Bett. Schlussendlich steht es 297 zu 300 Deutschland - Schweiz und ich nehme glücklich über den Verlauf der Dinge den Platz auf dem Boden. Wie das Frühstück am morgen weitergeht bedarf nicht  vieler Worte. Damit der Hausfrieden weiter gerade hängt, erwähne ich nicht, dass ich mich eigentlich vegetarisch ernähren wollte. Als Dank dafür bekommen  wir nach zahlreichen Gruppenfotos noch einen Berg an Wurst und Eiern mit. Einzig die frisch ausgemachten Frühlingszwiebeln können wir ausschlagen. Mit einem leichten Schmunzeln im Gesicht und ca.22.000 Kalorien im Rucksack brechen wir auf und fahren auf unseren ersten Pass zu. Kurz vor der Grenze erreichen wir im ströhmenden Regen die Passhöhe und fühlen uns aufgrund unserer 120 Kilo pro Person als wären wir gerade auf den Col du Galibier hochgeradelt.

Schlussendlich bleibt zu sagen, dass Serbien wirklich ein beeindruckendes Land ist, in dem Gastfreundschaft definitiv (wenn auch auf kyrillisch) GROSS geschrieben wird. So sind letzten Endes alle Vorurteile beiseite geräumt und ich bleibe bezüglich meines Allgemeinwissens bei Einstein, der, glaube ich, mal etwas sagte wie ...Das Allgemeinwissen ist die Summe aller Vorurteile, die man bis zum 18. Lebensjahr angesammelt hat...

Serbien 1.0...

Nach einer unkomplizierten Einfahrt in Serbien verlasse ich zum ersten Mal auf dieser Reise die EU und bin gespannt auf das unbekannte Land, über das ich außer einer bescheidenen "Allgemeinbildung" nichts weiss. Zuerst einmal fällt mir auf, dass ich keine Landeswährung besitze und Geldautomaten außerhalb der größeren Städte Mangelware sind. Da die Serben entgegen der "Allgemeinbildung" Menschenfreunde sind, wird mir gerne mit Trinkwasser ausgeholfen und die Reise geht weiter. Nach einer verkorksten Nacht auf einem Acker an der kroatischen Grenze beschließe ich einen Abstecher nach Vukovar zu machen und mir einen der Schauplätze des Jugoslawienkrieges anzusehen. In Vukovar angekommen bemerke ich zum ersten Mal wie gegensätzlich die Welt hier ist. Nach über zwanzig Jahren gibt es immer noch Häuser mit Einschusslöchern in deren Einfahrt zu meiner Verwunderung ein neues Auto steht. Auch zwischen den westlichen Shopping-Tempeln finden sich immer wieder Häuser mit kopfgroßen Löchern. Trotzdem hat die Stadt einen besonderen Charme und die Menschen sind freundlich, aber etwas reserviert. Das "Wahrzeichen" der Stadt ist der halb zerbombte Wasserturm, bei dessen Anblick ich sehr froh bin meinen Helm zu tragen. Interessanterweise wurde gleich darunter ein Kinderspielplatz angelegt, den ich gleich einmal unter die Lupe nehme.

Zurück in Serbien mache ich mich auf nach Novi Sad um gleich weiter Richtung Haupststadt Belgrad zu radeln. Unterwegs treffe ich Julian aus der Schweiz, der auf dem Weg nach China ist. Da die Chemie passt verabreden wir uns, um von Belgrad aus ein paar Tage zusammen Richtung Istanbul zu radeln.

Ungarn 2.0...

vorne ist in dem Fall Ungarn...
Der Sonntagmorgen in Budapest beginnt wunderbar gemütlich auf der Yogamatte von Vijai Anand, ein in Budapest lebenden Inder, der mich zu einer "Audienz" eingeladen hat. Nach dem Austauschen einiger Höflichkeiten und dem ein oder anderen Tee starte ich entspannt am frühen Nachmittag, um mich zur serbischen Grenze aufzumachen. Die ca 120km entfernte Grenze erreiche ich am frühen Vormittag  des nächsten Tages und lerne auf der Landstraße Oliver aus Wien kennen. Er verbindet seine Geschäftsreise mit einer Fahrradtour zum schwarzen Meer. Verglichen mit meinem Packesel ist er allerdings nur mit leichtem Gepäck unterwegs und hat bei unserem Treffen schon über hundert Kilometer auf dem Tacho. Nach der serbischen Grenze trennen sich also wieder unsere Wege und ich sinniere ein wenig darüber kein sportlicher Geschäftsmann, sondern eher so etwas wie ein sportlicher Landstreicher zu sein.

ein Lebenszeichen...

entschuldigt bitte meine Abstinenz und den verspäteten Eintrag. Ich bin (bis auf ein paar Wehwechen) gesund, munter und mittlerweile in Bulgarien angekommen. Ich bin selten im Internet, freue mich aber trozdem sehr über eure Anteilnahme und jeden Gruß, merci beaucoup! Der Umstand, dass hier alles auf Kyrillisch ist,  verkompliziert sowohl die Orientierung im Alltag als auch das Zurechtfinden im Internet. Die Suche nach Informationen ist mit viel Arbeit verbunden und fühlt sich an, als hätte jemand Sudoku mit einem Kreuzworträtsel kombiniert. Trotzdem will ich vorne beginnen...

P.S.: Leider gestaltet sich der Upload von Bildern auch als kompliziert bis unmöglich. Ich hoffe ich kann dies in den nächsten Tagen ändern.

Samstag, 14. Mai 2011

capital-hopping...Wien-Bratislava-Budapest

Frisch hergerichtet steige ich auf meinen leicht überladenen Drahtesel und werde in Wien mit Hupen und dem Standardfluch: “des is aber kan Radlweg, depparter" verabschiedet...Das macht das Tschüss-Sagen ein wenig leichter.  Mein neues Schloss -scheinbar ein Einwegprodukt- hat mir allerdings beim ersten Gebrauch den Dienst verweigert. Deswegen gleich einmal der Griff in die Investitionskasse, Traumschloss gekauft und losgeradelt. Mit Wien im Rücken ging es dann durch das letzte Zipferl Österreichs an der Donau entlang Richtung Bratislava. Der Weg dorthin führt durch eine unglaublich grüne Szenerie aus Riesenbäumen und kleinen Biotopen. Die musikalische Untermalung der Heimatfilmkulisse wird stets untermalt vom dezenten Zirpen der Grillen und dem lautstarken Gequake der Frösche. Als der Tag sich dem Ende neigt erreiche ich die erste Destination Bratislava, im Deutschen auch völlig unromantisch als Pressburg bekannt. Glücklicherweise finde ich gleich einen tollen Platz im Grünen in Wassernähe und habe eine hervorragende erste Nacht. Mit der Sonne als Wecker ging's gleich mal zum Frühstück an der Tanke und zum morgendlichen Bad in einem wunderschönen See. Der weitere Weg war ein gut asphaltierter Fahrradweg auf dem neben zahlreichen Polizeibeamten auch Inlineskater im Stil der 90er und Insektengangs versuchten mich abzulenken oder sich auf meiner Sonnenbrille zu verewigen. Getreu dem Motto: "Augen und Mund zu und durch" geht's dann weiter. Während die Zeit wie im Flug vergeht und die Kilometer vom Tacho purzeln bleibt die Stimmung euphorisch. Als die Euphorie von den Vorboten eines Sonnenstiches abgelöst wird, ist der Flug zu Ende und ich gebe mich einem ausgiebigen Powernap hin. Die ungarische Grenze fest im Visier schlängelt sich der Weg semi-intuitiv durch kleine Dörfer und über Straßen, an denen man in Deutschland wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen ein Geländer montieren müsste. In der Grenzstadt Komárno angekommen ist nicht nur Slovakia zu Ende sondern auch der Tag. Also salute hungary. Begleitet von zunehmender Dunkelheit geriet ich dann auch gleich in den Teufelskreis des ich-bin-auf-der-Suche-nach-dem-perfekten-Schlafplatz. Natürlich habe ich diesen nicht gefunden. Umringt von zwei Straßen und mit einer Nagerkolonie unterm Kopfkissen endete so der Tag Nummer zwei. Der dritte Tag fing dann etwas zu früh um zwei Uhr morgens mit super Unwetter und der Rache der Wühlmäuse an, die sich wohl für die jahrelange Unterjochung des Kleingartenvereins nebenan rächen wollten. Andererseits kam ich dadurch früh aufs Rad und wurde um 5.30 von den ersten Sonnenstrahlen aufgefordert das Zelt zu verlassen. Wiedermal Frühstück an der Tanke, Karte kaufen und allerfeinste chausson aux pommes. Die neue Karte studierend kamen mir die Apfeltaschen wie Balsam für die Seele vor, dann musste ich jedoch feststellen, dass meine mit Leberwurst gefüllt waren -welcome to hungary! Letztenendes ohne Frühstück ging es dann in Zeitfahrhaltung begleitet von heftigstem Wind aus allen Richtungen gen Budapest. Da die müden Beine mittlerweile wissen was zu tun ist, erreichte ich Budapest bereits am frühen Abend. Dort angekommen bin ich nach kurzer Bestandsaufnahme in einem super Hostel (danke Fabi!) untergekommen und versuche den Flair dieser Stadt ein wenig aufzunehmen. Morgen früh geht es dann weiter an der Donau entlang Richtung Serbien/Rumaenien. Der Wetterbericht, den ich eigentlich nicht wissen wollte, offeriert mir leider mindestens einen Regentag. Da gegen eine Regenwahrscheinlichkeit von 98% nur wenig Kraut gewachsen ist, lege ich meine Regenkleidung zu oberst in die Taschen. Gegenüber den Temperaturen die mich noch erwarten, sollte ich über jede schweißfreie (nasse) Minute froh sein. Halleluja!

Zahlen: Kilometerstand 300
Wien-Bratislava 80km, Bratislava-Komárno 120km, Komárno-Budapest 100km

Mittwoch, 11. Mai 2011

numero uno...

Ein letzes Mal in meinem Bett schlafen, ein letztes Mal im Bach baden, ein letzter Tee aus der Lieblingstasse und ein letztes Mal diesen verdammten Computer ausschalten. Auf zu neuen Ufern! ...so jetzt ist es wirklich so weit, es geht los! Ich dachte ich kann das hier nicht so leer hinterlassen, deshalb ein kurzer Lagebericht. Zeit dem Bekannten Adieu- und dem Unbekannten Bonjour zu sagen. Ich bedanke mich für die vielen netten Nachrichten und Grüße und freue mich Euch bald wiederzusehen. Jetzt will ich endlich in die Pedale treten ...auf zu meinen ersten Kilometern, zu meinem ersten camping-Dinner, zu meiner ersten Nacht, zu meinem ersten Morgen.

Macht's Gut, bis bald!