Donnerstag, 23. Juni 2011

Istanbul...(6.6-17.6)

proudly presents
v.l. bathal, daria, phatıh, nevra, elif


Allah korusun

Nach einem Wochenende Klettern im Süden von Istanbul gebe ich mir und der 15 Millionen Metropole eine zweite Chance. Die dramatische Ankunft und die müden Beine sind bald vergessen, dafür merke ich nun meine Hände und Arme umso mehr. Die Kletterszene rund um Istanbul ist klein und jeder kennt jeden...außer mir. Doch meine kletternde Zahnärztin ändert dies im Handumdrehen und der viel zu weiße Deutsche wird bald von unten mit "heide heide moruk" (sinngemäß mit ''geht schon'oida'' zu übersetzen) die Wand hinauf geschrien! Alles in allem also ein perfekter Start. Auch mit meiner Gastgeberin habe ich einen Volltreffer gelandet. Wir verstehen uns auf Anhieb perfekt und teilen einen ähnlichen Humor. Mit dem Ziel, mir das nicht-touristische Istanbul zu zeigen, verbringen wir Stunden in kleinen Restaurants und Cafes und lauschen gespannt dem Rhythmus dieser Stadt. Für mich ist Istanbul eine besondere Erfahrung und mir fehlen ein wenig die Worte, um diesen Ort und seine Vielfältigkeit zu beschreiben. Ich kann jedoch nachvollziehen, warum diese ''alte Dame'' seit Jahrhunderten aus vielerlei Gesichtpunkten eine so wichtige Rolle spielt. Aufgrund der Freundlichkeit der Menschen fühle ich mich ein wenig wie der kleine Pascha zur "All-you-can-eat"-Party im Süßigkeitenladen. Es gibt soviel zu sehen, viel Geheimnisvolles, vıel Musık, kulinarische Köstlichkeiten und jede Menge Zucker. Würde ich länger bleiben, könnte ich mir wahrscheinlich am Ende der Reise einen Satz neuer Zähne gönnen. Aber lecker ist es trotzdem. Trotz der Größe dieser Stadt treffe ich meinen Velofreund Julian durch Zufall im Cafe gegenüber und wir planen die weitere Reise entlang der Schwarzmeerküste. Nach fast 2 Wochen Istanbul jucken die Finger allerdings doch wieder ziemlich und ich habe das Verlangen wieder auf die Straße zurückzukehren. Neben ein paar beeindruckenden Momenten und vielen geıstıgen Fotos verlasse ich diese Stadt in der Gewissheit, eines Tages zurückzukehren und mich bei all den netten Menschen für ihre Gastfreundschaft zu bedanken.

die Zahnfee
 
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Basteln für eine bessere Welt...

Mit dem Erreichen der Türkei wurde es auch Zeit die ersten Postkarten zu versenden. Bewaffnet mit Schere, Klebstoff und Papier mache ich mich an die Arbeit. Vorweg möchte ich mich noch einmal kurz bei all jenen bedanken, die an dieser Aktion teilnehmen und damit das Kinderheim von Back-to-life unterstützen. Um ein wenig deutlicher darauf hinzuweisen, dass hier für einen guten Zweck gespendet werden kann, heıßt der Link nun Spenden (ehemals flaschenpost). Wenn Ihr sehen wollt, wen Ihr damit unterstützt, möchte ich jeden Einzelnen dazu einladen sich ein wenig Zeit zu nehmen und auf der Seite http://www.back-to-life.com/site/ zu sehen, welch wunderbare Arbeit die Menschen dort leisten. Natürlich dürft ihr auch gerne euren Freunden und Bekannten davon berichten.


... nicht jeder wird mit Dach über dem Kopf geboren!
So nun gehts zurück an den Basteltisch und ich hoffe, mir nicht ins letzte beinahe saubere T-shirt zu schneiden und euch mit den Postkarten ein wenig Freude bereiten zu können.

P.S.: Um das Überweisen zu vereinfachen gibt es nun auch ein deutsches Konto auf das eingezahlt werden kann. Bei Fragen, Anregungen und/oder sonstigen Bedürfnissen bitte eınfach an flipinvienna@gmx.at schreiben!

Donnerstag, 16. Juni 2011

Sturm auf Istanbul...(3.6-6.6)

I. Etappe: Wien - Istanbul
 
 
Mein Körper, der mittlerweile über den Zenith seiner Leistungsfähigkeit hinausgeklettert ist, schreit nach Ruhetag. Jedoch lockt mich Istanbul und das dort wartende Bett mehr als eine weitere Nacht auf einem türkischen Acker. Dem Angebot folgend am Wochenende mit "Couchsurfern" an einem Klettercamp südlich von Istanbul teilnehmen zu können, fahre ich mit steifem Rücken die letzten 250km Richtung Istanbul. Aus Mangel an kleinen Straßen muss ich mir meinen Platz zwischen Schlaglöchern des Seitenstreifens und vorbeischießenden LKWs auf der Hauptstraße sichern. Da man sich dabei sehr stark konzentrieren muss, nehme ich erst nach einer Weile wahr, dass die große dunstige Masse in der Ferne wohl das Marmanische Meer sein muss. Mit der letzten Teepause beschließe ich, mit eintretender Rush-hour am Freitag Nachmittag die letzten 20 Kilometer bis zur Stadtgrenze anzutreten. 5 Stunden später finde ich mich so fertig wie selten in meinem Leben nach 145 Kilometern (davon 35km in Istanbul)  in  meiner Unterkunft wieder. Die letzten Kilometer sind heftig und ich verstehe nun, warum Istanbul als rotes Tuch für Radfahrer gilt. Keine Radwege und kein Respekt für Zweiradfahrer. In den 4 Stunden, die ich brauche, um diese Riesenstadt zu durchqueren, durchlebe ich umringt von Abgasen, Hupen und Sirenen alle mir bekannten Gefühlszustände. Um mich von der Angst, Überfahren zu werden, nicht vollkommen lähmen zu lassen, greife auf eıne Technik zurück, die mir als Kind schon die Angst vor dem dunklen Keller genommen hat... ich singe lauthals. Ohne Rücksicht vor Genre und musikalischen Grenzen mischen sich indische Mantren mit Folk- und Popmusik. Passanten und Taxifahrer quittieren dies mit einem Kopfschütteln, allerdings müssen die ja auch bloß zuschauen. Am Ziel angekommen bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich wirklich die richtige Adresse bekommen habe. Die Unterkunft meiner Gastgeberin, die ich durch Couchsurfing über das Internet kennengelernt habe, ist ein mit Stacheldraht umringter Hochhauskomplex, in dessen Innenleben man nur kommt, wenn der Portier dies für angemessen haelt. Totmüde schleppe  ich meine Habseligkeiten vorbei am Swimmingpool zu einem der Hochhäuser. Meine Gastgeberin Nevra ist eine alleinwohnende, kletternde, reisende  Zahnärztin, die mir für meinen Istanbulaufenthalt ihre Couch zur Verfügung stellt. Auch wenn der äußere Anschein dieser Behausung mir fremd ist, fühle ich mich in der Wohnung doch sehr wohl. Wegen meiner späten Ankunft lege ich mich gleich nach dem Essen hin und freue mich aufs Klettern am nächsten Morgen.

Sonnenaufgang vor Istanbul

Besucher auf meinem Schneckenhaus

turkish breakfast...

Mittwoch, 15. Juni 2011

Türkei 1.0 (1.6-3.6)




Merhaba Turkye
Nachdem ich nun wieder alleine unterwegs bin, fahre ich auf die Grenze zu, während sich die Sonne langsam gegen den feuchten Morgennebel durchsetzt. Der immer früher eintretenden Mittagshitze entkomme ich durch eine Siesta, die mittlerweile zum festen Tagesablauf gehört. Ich nutze die Gelegenheit, meine letzten bulgarischen Lew in Brot und Bananen einzutauschen und im Schatten einiger Baeume meine siebeneinhalbste Schicht Sonnencreme aufzulegen. Den Weg zum Grenzübergang kann man fast nicht verfehlen, da sich die LKW-Blechlawine aus aller Herrenländer kilometerlang vor dem Grenzposten auftürmt. Der Grenzbeamte ist sympathisch, kann jedoch kaum glauben, dass mein Gefährt es bis Indien schaffen wird. Zwischen dem ein oder anderen Nießer kann ich ihm auch versichern, dass  ich keine Drogen einführe und die roten Augen auf eine westliche Zivilisationskrankheit  zurückzuführen seien. Hinter der Grenze ist es, als betrete man eine neue Welt. Mit Bewunderung stelle ich fest, auf welche  kurzer Distanz sich Umwelt und Menschen verändern können. Die in Bulgarien noch grünen Felder sind hier bereits gold braun und schenken meinen Schleimhäuten ein wenig Frieden. Im Zentrum der Dörfer, die ich nun passiere, steht immer mindestens eine Moschee, welche - umringt von Teestuben und Supermärkten - dem geschäftigen Treiben mit Jahrhunderte alter Ruhe zu trotzen scheint.  Die männliche Landbevölkerung verbringt die heiße Mittagszeit meist in Teestuben oder beim Brettspiel. Meine Gegenwart wird scheinbar von jedem registriert und nicht allzu selten folge ich den zahlreichen Einladung zu Tee und Limonade. Die Leute sind sehr interessiert und suchen stets nach Möglichkeiten, mit mir ins Gespräch zu kommen. So kommt es auch vor, dass mir Mobiltelefone hingehalten werden, anderen anderem Ende die deutsche Verwandtschaft bereitwillig übersetzt, was der türkische Onkel zu sagen hat. Bei soviel "grundloser" Freundlichkeit schrillen dem Durchschnittseuropäer normalerweise die  Alarmglocken; man vermutet einen Hinterhalt und sucht den Haken. Ich beschließe jedoch, mich diesen Gedanken nicht weiter hinzugeben, und genieße die Gastfreundschaft. So lerne ich auch den Rentner Orhan kennen, der nach 49 Jahren bei Ford in Köln zum Urlaub in die Heimat zurückkehrt und zum Dolmetschen an die  Käsetheke gerufen wird. Neben einem Frühstück schenkt er mir mit seinem kölschen Dialekt ein wenig Erinnerung an Zuhause. Alles in allem ein Traumstart für mich in der Türkei!


Familie Storch im Morgennebel

 

Siesta...


Das Fernsehprogramm zur Prime Time


Mittwoch, 8. Juni 2011

bulgarien...

(17.5.11-1.6.11)


dobre den Europa...
 


Blick aus dem Schlafzimmer
 

Haltung bewahren...
 

Blick aus der Küche

confused...

Mit der Einreise nach Bulgarien verlassen wir nun die Länder Ex-Jugoslawiens und sind gespannt darauf, wie sich das "neue" Europa so anfühlt. Bewusst nehmen wir in Kauf, dass die bulgarische Seite der Donau hügelig ist, während die rumänische Seite flach wie ein Pfannkuchen daliegt. Zwischen den bis zum Horizont reichenden Getreidefeldern quetschen sich hier und da ein paar Ortschaften, die immer einen etwas unbewohnten Eindruck machen. Die Durchfahrt erinnert an einen schlechten Western, in dem die beiden Fremden in eine Stadt einreiten. Allerdings gibt es hier weder die vom Wind umhertreibenden Strohballen noch einen Sheriff, der klarstellt, dass Fremde hier unerwünscht sind. Auch ohne Sheriff freut sich hier kaum jemand über die zwei bunten Vögel auf  ihren Drahteseln. Neben der kyrillischen Schrift stellt auch die sonstige Kommunikation eine Herausforderung dar. Zwischen denen, die nicht wollen, und denjenigen, die nicht können, finden sich aber immer wieder Menschen, die einem hilfsbereit  zur Seite stehen. Von ihnen erfährt man auch, dass die wirtschaftliche Lage Bulgariens trotz EU-Beitritts nicht gerade rosig ist. Darüberhinaus gibt es scheinbar ein massives Integrationsproblem mit den aus Rumänien kommenden Gypsis (Zigeunern). Alles in allem eine eigenartige Mischung, die durch die überall vertretenen deutschen Supermärkte auch nicht wesentlich sympathischer wird. Unserem Plan folgend fahren wir nach Süden, um dort über die "hohen" Pässe endgültig der Donau adieu zu sagen und echte Balkanluft zu schnuppern. Unsere Wahl fällt auf den steilsten Pass, um kurz und schmerzlos den Höhenunterschied von 1400 Metern hinter uns zu bringen. Mit großem Respekt erklimmen wir dann nach 3 Stunden Serpentinenauffahrt die Passhöhe (Stara planina-Beklemeto) auf 1700m Metern und genießen die Stille des Augenblicks und die Erhabenheit der Berge. Auf der anderen Seite ist es, als wenn man erneut in ein anderes Land fährt. Sowohl die Vegetation als auch die Bewohner empfangen uns mit südländischer Freundlichkeit,  wobei zweitere nach wie vor etwas reserviert bleiben. Auch die Schlafplätze werden immer idyllischer, und wir wachen regelmäßig in der Nähe von Seen und Bächen auf, die uns ermöglichen, trotz fehlender Dusche einen gewissen hygienischen Standard zu halten. Zelten scheint hier allgemein geduldet, verstecken würde auch nicht gut funktionieren, da wir beide seit einigen Tagen unter starken allergischen Reaktionen leiden. Neben dem nicht zu überhörenden Nieskanon in a-moll sind meine berührungssensitiven roten Augen wahrscheinlich auch im Dunkeln noch in einiger Entfernung wahrnehmbar. Trotz dieser Einschränkung lassen wir es uns nicht nehmen, unsere Umgebung mit den Klängen von Gitarre, Stimmbändern und Kochtöpfen zu beschallen. Kurz vor der Grenze beschließe ich - nach 10 großartigen gemeinsamen Tagen mit meinem schweizer Velokameraden Julian  - auf direktem Weg nach Istanbul zu fahren, während er noch etwas Zeit in Bulgarien verbringen will. Wir verabschieden uns herzlich im Morgennebel und wenig  später rolle ich alleine durch den heranbrechenden Tag in ein neues Land. Zusammenfassend möchte ich sagen, dass Bulgarien  trotz der von uns wahrgenommenen leicht depressiven Stimmung ein beeindruckendes Land mit atemberaubender Landschaft ist.
Immer der Nase nach...



Nostalgie trifft Gegenwart.