Donnerstag, 16. Juni 2011

Sturm auf Istanbul...(3.6-6.6)

I. Etappe: Wien - Istanbul
 
 
Mein Körper, der mittlerweile über den Zenith seiner Leistungsfähigkeit hinausgeklettert ist, schreit nach Ruhetag. Jedoch lockt mich Istanbul und das dort wartende Bett mehr als eine weitere Nacht auf einem türkischen Acker. Dem Angebot folgend am Wochenende mit "Couchsurfern" an einem Klettercamp südlich von Istanbul teilnehmen zu können, fahre ich mit steifem Rücken die letzten 250km Richtung Istanbul. Aus Mangel an kleinen Straßen muss ich mir meinen Platz zwischen Schlaglöchern des Seitenstreifens und vorbeischießenden LKWs auf der Hauptstraße sichern. Da man sich dabei sehr stark konzentrieren muss, nehme ich erst nach einer Weile wahr, dass die große dunstige Masse in der Ferne wohl das Marmanische Meer sein muss. Mit der letzten Teepause beschließe ich, mit eintretender Rush-hour am Freitag Nachmittag die letzten 20 Kilometer bis zur Stadtgrenze anzutreten. 5 Stunden später finde ich mich so fertig wie selten in meinem Leben nach 145 Kilometern (davon 35km in Istanbul)  in  meiner Unterkunft wieder. Die letzten Kilometer sind heftig und ich verstehe nun, warum Istanbul als rotes Tuch für Radfahrer gilt. Keine Radwege und kein Respekt für Zweiradfahrer. In den 4 Stunden, die ich brauche, um diese Riesenstadt zu durchqueren, durchlebe ich umringt von Abgasen, Hupen und Sirenen alle mir bekannten Gefühlszustände. Um mich von der Angst, Überfahren zu werden, nicht vollkommen lähmen zu lassen, greife auf eıne Technik zurück, die mir als Kind schon die Angst vor dem dunklen Keller genommen hat... ich singe lauthals. Ohne Rücksicht vor Genre und musikalischen Grenzen mischen sich indische Mantren mit Folk- und Popmusik. Passanten und Taxifahrer quittieren dies mit einem Kopfschütteln, allerdings müssen die ja auch bloß zuschauen. Am Ziel angekommen bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich wirklich die richtige Adresse bekommen habe. Die Unterkunft meiner Gastgeberin, die ich durch Couchsurfing über das Internet kennengelernt habe, ist ein mit Stacheldraht umringter Hochhauskomplex, in dessen Innenleben man nur kommt, wenn der Portier dies für angemessen haelt. Totmüde schleppe  ich meine Habseligkeiten vorbei am Swimmingpool zu einem der Hochhäuser. Meine Gastgeberin Nevra ist eine alleinwohnende, kletternde, reisende  Zahnärztin, die mir für meinen Istanbulaufenthalt ihre Couch zur Verfügung stellt. Auch wenn der äußere Anschein dieser Behausung mir fremd ist, fühle ich mich in der Wohnung doch sehr wohl. Wegen meiner späten Ankunft lege ich mich gleich nach dem Essen hin und freue mich aufs Klettern am nächsten Morgen.

Sonnenaufgang vor Istanbul

Besucher auf meinem Schneckenhaus

turkish breakfast...

9 Kommentare:

  1. Oho, Herr Groten... zwei Einträge in 2Tagen, purer Luxus für einen Neugierdsnase wie mich!
    Nach deinem jetzigen bericht mache ich mir direkt Sorgen dass du nicht mehr so bald in die wirklich westliche Welt zurückkehrst. Eher wirst du wahrscheinlich der Star irgendeines Fernsehformats a la Türkei sucht den Superstar.
    Ich hoffe du hast Istanbul wirklich schon durchquert und musst nicht noch einmal dieses stundenlange Casting Martyrium über dich ergehen lassen.
    Bin schon echt gespannt wie der Bericht übers Klettern und die nächsten Tage ausfallen wird!!
    max

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  2. Hi Philipp,
    endlich wieder Infos. Bin nur froh, dass der eigentliche Besitzer Deines Fahrades - Max - nicht traurig ist über den abfälligen Kommentar des türkischen Zöllners "...Der Grenzbeamte ist sympathisch, kann jedoch kaum glauben, dass mein Gefährt es bis Indien schaffen wird..." Vielleicht ist Max ja auch stolz auf seine Leihgabe (ich denke auf Lebenszeit (des Fahrrades natürlich)). Schreib mal was zum Klettern am Hochhaus oder in welchen Bergen???
    Gruß
    Papa Gerd

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  3. Hallo Philipp, schön in so kurzer Zeit zwei Einträge von dir zu lesen.Dir muß doch der Hintern glühen, und dann gleich klettern? Ruh dich auch mal aus, Wenn du auch nicht Superstar der Türkei, Iran oder Indien wirst, der von Noppenberg bist du schon! Weiterhin 3-4 Stärken West- Nordwestwind. Gruß Klaus

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  4. Hey du!
    ich kann mich hier nur anschließen! Es ist schön von dir zu hören. Dank der Zeitweltkarte frag ich mich fast täglich wo du wohl grad bist!
    Ich schick dir ganz ganz liebe Grüße und gute Gedanken aus Wien!!
    marlies

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  5. phili!
    6.6 ist aber schon arg lang her!! was is mit uns? will ja wissen wies weiter geht...

    das fahrrad war ja eigentlich eine begrenzte leihgabe und sollte wieder rückgekauft werden, ich glaub aber das wird aus sentimentalen Gründen seitens Phil nicht möglich werden. --> könnte man gut verstehen.

    liebe grüße aus der welt der photonenbeschleunigung.

    max

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  6. Hi Phillip,
    ist das erste mal, dass ich deinen Block lese. Krasse Tour, die du dir da vorgenommen hast. Riesen Respekt!! Halt weiter durch und weiterhin viel Spaß bei deiner Tour. Werde mich jetzt öfters erkundigen und mit Spannung weiter verfolgen wo du gerade steckst.

    Gruß aus Deutschland,

    Smoerre

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  7. Wie geil. Spitzwegapotheke Herzogenrath....Das ist der richtige Terminkalender ;-)

    Meister, alles andere hab ich dir ja über Facebook geschrieben.

    Alles gute..Freu mich von Dir zu hören..
    Grüße aus Griechenland...Kaspar

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  8. Hey Phillip,
    alles Gute zum Geburtstag.
    Bin sehr beeindruckt von deiner Fahrradtour.
    Bis bald,
    Christoph

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  9. Lieber Philipp,
    zum Geburtstag wünsche ich Dir heile Haut und Knochen, einen geruhsamen Schlaf, die Energie zum Weitermachen und liebe Menschen, die heute mit Dir zusammen sind.
    Deine Dorothee

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