Freitag, 20. Januar 2012

Die Reise geht zu Ende, eine neue beginnt...

Zu reisen bedeutet auch immer Fragen zu beantworten, manchmal sind es die eigenen, häufiger jedoch die Fragen Fremder die den Reisenden neugierig in ihre Welt einladen. So wird die Sprache zum Werkzeug des kulturellen Austausches und man bekommt die Möglichkeit ein wenig hinter den Kulissen zu erahnen was in der Welt des Gegenüber so vor sich geht. Von federleichter Konversation über das Tagesgeschäft bis hin zu hoch philosophischen Diskussionen werden von Zeit zu Zeit alle Aspekte des Lebens behandelt und mit dem Fremden beraten. Manche Fragen tauchen häufiger auf als andere und scheinen ganz besonders interessant zu sein.
So zum Beispiel die Frage nach dem Heiratsstatus. Gleich hinter den Toren Europas scheint die Menschen nichts mehr zu interessieren als das Leben zu Zweit. Indien bildet da keine Ausnahme sondern steht im Wettlauf um das Zelebrieren von Traditionen, insbesondere des Heiratsrituals definitiv an Platz eins. Das Leben eines Inders (...eines Türken, eines Iraners, eines Pakistaners ebenso...) scheint voll und ganz auf den einen Tag im Leben ausgerichtet zu sein an dem Unsummen kleiner Rupees (Lira, Rial u.ä.) in die gewaltige Inszenierung einer doch so oft "arrangierten" Hochzeit gepumt werden. In pompösen Ritualen wird der Bund der Ehe geschlossen und die beiden "Kinder" werden nun als mündige Bürger der Gesellschaft akzeptiert. Auch wenn ich in meinem "fortgeschrittenen" Alter somit immer noch als Kind gelte, bin ich froh, diese Frage auch weiterhin mit einem NEIN, unverheiratet beantworten zu können.

Heiraten auf indisch, mit europäischen Statisten (Quelle: Marine Bardin)

Auf Platz Nummer zwei des internationalen Fragenkatalogs für Reisende ist die allzu beliebte W-Frage zu finden. Warum fährt der Typ mit dem Fahrrad? Die Begründung dafür ist vielfältig und lässt sich schwer in Worte fassen. Kurz gesagt geht es - zur Verwunderung vieler - (diesmal) nicht um die Liebe zum Fahrrad. Das Fahren eines Reiserades ist bis auf wenige Ausnahmen ziemlich monoton und eintönig manchmal gar langweilig. Es geht eher um ein spezielles Lebensgefühl, das sich vielleicht mit Begriffen wie Freiheit und Unabhängigkeit um-, jedoch nicht wirklich be-schreiben lässt… In alltäglichen Situationen wie z.B. der allabendlichen Zubereitung einer bescheidenen Mahlzeit mit dem stinkenden Benzinkocher, wächst aus dem Zustand der Erschöpfung ein angenehmes Gefühl von Ruhe und Dankbarkeit über die Einfachheit des Lebens… Dies zu erklären ist schon in der deutschen Sprache keine leichte Aufgabe, weshalb ich der Einfachheit halber manchmal erwähne bloss den Bus verpasst zu haben.

...müde, schmutzig, einfach und wunschlos glücklich...

Frage Nummer drei ist da schon einfacher zu beantworten. Warum eigentlich Slacklinen? - Fußball ist doch auch super! Die Slackline, welche fälschlicherweise oft mit dem Zirkushochseil verwechselt wird, ist ein 3,5-5cm breites Gurtband, das zwischen 2 Fixpunkten gespannt wird. Für mich stellt dieses schmale Band, auf dem man balanciert, den Inbegriff eines Low-tech Sportgerätes dar und eignet sich damit ausgezeichnet für den Einsatz an Orten, an denen Geld Mangelware ist. Zum Ausüben braucht man weder eine bestimmte Anzahl von Mitspielern, noch braucht man Schuhe oder spezielle Ausrüstung. Es geht ums Balancieren auf instabilen Untergrund bzw. um das Im-Gleichgewicht-Sein. Was wir als selbstverständliche Fähigkeit des menschlichen Körpers ansehen, wird erst zur Besonderheit, wenn uns jemand den festen Boden unter den Füßen entzieht. Die Grundlage, um sich auf der Slackline bewegen zu können, ist Konzentration. Diese ermöglicht es dem Ausübenden relativ einfach in einen Bewusstseinszustand zu gelangen, den die Sportwissenschaft Flowzustand oder das Einswerden mit der sportlichen Tätigkeit nennt.

...miteinander Reden, sich kennenlernen, Balance finden...

Und was halten die Kinder davon?...Die Kinder scheren sich natürlich nicht um den trendigen Namen der jungen Sportart und noch weniger darum, was die Sportwissenschaft denkt. Sie nennen das Spiel treffend “monkey-circus” und nehmen die neue Freizeitaktivität mit Freude und Begeisterung an. In Kleingruppen werden täglich jeweils zwei Einheiten auf dem Dach der beiden Schulen angeboten. Das Ziel ist es, den Kindern zu helfen ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln. Ruhe und Konzentration sind zwar für viele westliche Sucher ein Grund nach Indien zu kommen, jedoch kann ich mir keine unkonzentriertere und chaotischere Welt als die des indischen Subkontinentes vorstellen. In der Quantität der indischen Form des Multitaskings eine Form von Qualität nach westlichem Maßstab zu finden, scheint gar unmöglich. So muss der Junge aus Deutschland hin und wieder auch mal zur Disziplin aufrufen und lernt dabei jeden Tag ein Stückchen mehr, dass unsere überorganisierten westlichen Verhaltensweisen vielleicht auch nicht gerade der Weisheit letzter Schluss sind. Ohne den Mut zu verlieren, werde ich für meine Mühe mit unbeschreiblicher Lebensfreude und ungeahnter Kreativität im Lösen von Problemen belohnt.


...Konzentration, einander Helfen und die ersten eigenen Schritte...
...funktioniert auch bei den "grossen" Kindern...
yeeeeeha!

Sonntag, 1. Januar 2012

Post ist da!


Mit großer Freude wurde mir heute mitgeteilt, dass Postkarte Nummer 4  - Indien - bei einigen schon angekommen ist. Damit war die Karte beinahe so schnell wie ich mit dem Flugzeug. Da ich das Arbeitsausmaß zur Produktion von 65 Postkarten und das Aufkleben von 130 Briefmarken etwas unterschätzt habe, wurde der Stapel Karten mit besten Segen -just in time- gleich am Flughafen abgegeben. Die Aktion Flaschenpost ist damit zu Ende und ich bin sehr glücklich über das Ergebnis. Mit den insgesamt 241 Postkarten haben wir zusammen beinahe 2000 Euro erwirtschaftet. Da ich nie mit einem so hohen Betrag gerechnet hätte, möchte ich mich sehr für die nette Anteilnahme und die rege Spendenaktivität bedanken. Bei allen, die den statistischen Ausfällen der Post-Dienstleistung zum Opfer fielen und bei Postkarte Nummer 2  -Zentralasien-  “leer” ausgegangen sind, möchte ich mich aufrichtig entschuldigen. Wo genau das Geld den Kindern von Back-to-life zugutekommt, wird momentan diskutiert und soll später publik gemacht werden.  Ich sage danke für die schöne Zeit und freue mich jeden einzelnen in der “analogen” Welt wieder zusehen.

Postkarte Nummer 4  - Indien -

Mit dem letzten post des Jahres 2011 möchte ich gar nicht all zuviele Worte verschwenden. Ich bin zurück in Deutschland und freue mich über semi-kaltes Wetter, frische Luft und trinkbares Wasser. Während die meisten von uns traditionsbewusst den Weihnachtsmarathon des Kaloriensammelns erfolgreich bestritten haben und die andere Hälfte wild darüber diskutiert ob 2012 die Welt untergeht bzw. der Zeitpunkt nun geeignet sei, um das Rauchen aufzugeben, sollen hier nur ein paar Zeilen einer spannenden Persöhnlichkeit Platz finden.  Sie entspringen der Feder von Dietrich Bonhoeffer und sind einigen vielleicht als Kirchenlied bekannt. Die Wenigsten wissen jedoch, dass Bonhoeffer jenes Gedicht als Weihnachts- bzw. Neujahrsgruß während seiner Inhaftierung als Regimegegner im Konzentrationslager der Nazis an seine Familie geschrieben hat. Kurze Zeit später wurde er als eines der letzten Opfer des Nationalsozialismus hingerichtet.

 "Von guten Mächten treu und still umgeben,
 behütet und getröstet wunderbar,
so will ich diese Tage mit euch leben
und mit euch gehen in ein neues Jahr"
(Dietrich Bonhoeffer - 1945 -)


 Bonhoeffers Biografie ist mir kurz vor Beginn meiner Reise in die Hände gefallen. Tief beeindruckt von seiner Courage und dem Vertrauen in das Gute haben mich seine Zeilen in den letzten Monaten wie ein persöhnliches Mantra begleitet. Somit wünsche ich Euch nichts weiter als ein Stück Vertrauen und Mut für das was kommen mag…. egal, ob es 2012 die nächste Zigarette oder bloß eine neuer Tag ist.

...und jetzt raus aus den alten Schuhen


...zünde eine Kerze an!



Mittwoch, 14. Dezember 2011

india 3.0


...all done, rien ne va plus!
ab jetzt nur noch "zum Spaß"...
...ein herzliches Wilkommen!

Als ich Mitte Mai zum letzten Mal die Türe zum alten Studentenhaus in Wien verschloss, hatte ich eigentlich keine Ahnung, welche Überraschung das Leben in den nächsten Monaten für mich bereit halten würde. Das Fahrrad war gepackt, um damit nach Indien zu fahren. Mit an Bord war alles, was man zum Leben auf der Straße benötigt: Zelt, Schlafsack, Kocher, Gitarre und sogar Kletterschuhe waren mit dabei. Und auch der imaginäre Rucksack aus Ängsten, Vorurteilen, Allgemeinbildung und guten wie schlechten Manieren war im Laufe von 27 Jahren reichlich gefüllt und bereit dazu entsorgt zu werden. Die weit entfernte Ankunft in Varanasi war damals und in vielen großen und kleinen, überglücklichen und auch traurigen Momenten meiner Reise der einzige Fixpunkt eines Lebens, das sich um Schlafen, Radeln und die Suche nach Kohlenhydraten, Kalorien und Wasser drehte. Nach 154 Nächten auf dem harten Boden von 12 Ländern, 8500 Kilometern auf Asphalt-, Wüsten- und Passstraßen und mit zu- und manchmal unzumutbarem Essen erreiche ich Ende Oktober den heiligen Ort am Ganges, der neben vielen anderen Namen auch Varanasi genannt wird. Dort angekommen schlottern mir ganz schön die Knie. Aufregung - schwankend zwischen Euphorie und Angst - durchflutet meinen Körper. Gedanken und Erwartungen aus eineinhalb Jahren Vorbereitung warten darauf, mit der Realität abgeglichen zu werden. Und dann scheint sich der imaginäre Rucksack nach mehr oder weniger erfolgreichem Entleeren wieder füllen zu wollen. Was erwartet mich, wie verhalte ich mich richtig, was zum Teufel mache hich hier eigentlich?  Doch diesmal sollte die Tasche zu bleiben…

...Fragen über Fragen,
...hier und da ein Schulterklopfer,

Nach herzlicher Begrüßung des deutsch/indischen Personals treffe ich zum ersten Mal auf die Kinder, die mir als Willkommensgruß Blumengirlanden um den Hals hängen und mich  durch ihre einfache und liebevolle Art aus der verkopften, so furchtbar komplizierten Welt der Erwachsenen entführen und mir damit - in einer Art und Weise zu der eben nur Kinder in der Lage sind - jeden Anflug von Angst und Unsicherheit nehmen.


ehrliche Freude...

Nach der für Indien obligatorischen Segnung und dem Begrüßungsritual werde ich mit durchschnittlich 2 Kindern pro Hand durch die beiden Häuser der Organisation geführt und stolz präsentieren mir meine kleinen Freunde ihre Zimmer und gebastelten Dinge und damit den Ort, den sie ihr Zuhause nennen. Mit großer Freude stelle ich fest, dass auch meine bisherigen Assoziationen mit dem Begriff Kinderheim eines Updates bedürfen. In den nächsten spannenden 4 Wochen meiner Arbeit  mit den Kindern sehe ich - neben den normalen Alltagsproblemen heranwachsender Menschen - vor allem  Zusammenhalt, liebevollen und sozialen Umgang und ganz ganz viel ehrliche Freude und Heiterkeit. Tugenden, die vor dem Hintergrund der Vergangenheit und Geschichte der Kinder umso beeindruckender sind und die die eigenen Unannehmlichkeiten des Lebens so furchtbar klein erscheinen lassen. Der Start ist mehr als gelungen und mit einem guten Gefühl hänge ich die Radelhose an den Haken, tausche  Zelt gegen Hotelzimmer, um meine erste Nacht im heiligen Varanasi hinter mich zu bringen.  

....bunte Zimmer,

und viele kleine Geschichten...


Update:



Freitag, 25. November 2011

india 2.0...

"heilige" Unordnung auf den Straßen...(Quelle:blog.theentrepreneurschool.com)


Perfektion am Straßenrand...
der heilige Fluss...

fließt...


...die Vorahnung, dass Indien nicht unbedingt ein Ort ist, an dem man auf dem Fahrrad Frieden finden kann, hat sich auf dem Weg nach Rishikesh durchaus bestätigt. An die täglichen 5 Stunden im Sattel hat sich der Körper bereits gewöhnt, schlechte Luft und miese Straßen können uns auch nicht mehr aus der Reserve locken. Trotzdem versteht es der indische Verkehr, in einer bisher nie dagewesenen Form, das Letzte aus einem rauszuholen. In einer niemals abreißenden Lärmkulisse aus Hupen und den Lebensgeräuschen alter 2-Taktmotoren sind meine sensiblen Ohren am Abend  aufgrund der massiven Reizüberflutung ziemlich müde. Und auch wenn mir die letzten Monate sehr viel Freude gebracht haben, muss ich doch zugeben, dass ich mich sehr freue bald ankommen zu dürfen und die Radlerhose auf "bestimmte" Zeit an den Nagel hängen zu können. Nach Amritsar ist Rishikesh gleich eine weitere besondere Stadt in Indien. In den Ausläufern des Himalayas versteckt sich diese mehr oder weniger "kleine" Stadt. Da die letzten Tage nicht gerade unter die Kategorie Erholung fallen, genieße ich die Ruhe dieses Ortes und die Kühle des heiligen Flusses Ganges. Dass die Pause längst überfällig war, merke ich jedoch erst, als ich mir ein paar Ruhetage gönne. Der Körper antwortet darauf dankbar mit einer Grippe. Um das Projekt in Varanasi pünktlich starten zu können und nicht völlig fertig anzukommen, beschließe ich nach langem Hadern, für die letzten Kilometer auf die Eisenbahn zurückzugreifen. Dass die indische Bahn mit einer offiziellen Durchschnittsgeschwindigkeit von 55,7892345 km/h nicht unbedingt auf ICE-Niveau liegt, war mir klar. Allerdings war ich über die "Entschleunigung" dieser Dienstleistung dann doch etwas erstaunt, als ich nach 22 Stunden (für 750km) aus dem Zug purzel. Trotzdem war die Zugfahrt - vielleicht weil es die erste nach 5 Monaten war - ein schönes Erlebnis. Und  plötzlich stehe ich in der Stadt, welche die letzte dieser Reise sein soll... man könnte sagen: wir sind angekommen!

und fließt...

und schmeckt...Chapeau!

FINISH... beinahe!

Dienstag, 15. November 2011

india 1.0...


Namaste India...

Und plötzlich war da Indien...schon beinahe selbstverständlich und ohne große Aufregung erreichen wir Mitte Oktober die pakistanisch/indische Grenze in Lahore/Amritsar. Nach 12 Ländern und 8000km ist das eigentlich nichts besonderes mehr. Dennoch ist und bleibt der Länderwechsel und der damit verbunde Kultur- und manchmal sogar Weltenwechsel ein spannendes Highlight einer unroutinierbaren Routine. Die indische Grenze macht da keine Ausnahme, auch wenn sie für Ausländer die einzige Verbindung der beiden Staaten darstellt und die allabendliche Grenzschließung auf beiden Seiten in einer theatralisch höchst anspruchsvollen Darbietung beinahe darüber hinwegtäuschen kann, dass die Luft zwischen den beiden Ländern mehr als elektrisiert ist. Dass dies nun meine letzte Grenze, mein letztes Visum und mein letztes Land aus 5 spannenden Monaten ist, kommt mir erst später in den Sinn. Schließlich sind es immer noch stolze 1500km und Indien eilt  nicht gerade der Ruf voraus, besonders gute Fahrradwege zu haben. Wie dem auch sei, es ist schön, hier zu sein und ich freue mich über das, was ist und was kommen wird. Da dies ja bereits mein zweiter Besuch in Indien ist, fühle ich mich ein wenig vorbereitet, werde dann aber gleich auf den ersten Kilometern auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Auf dieses Land kann man sich nicht vorbereiten... Was mit den Gerüchen anfängt, die von überall her und in allen möglichen Kombinationen die Nase erobern, setzt sich in den Geräuschen des Lebens fort und findet letztlich in den Bildern und Farben, die man zu sehen bekommt, ihren Höhepunkt. Dabei schwankt jede Eigenschaft zwischen enorm abstoßend und überaus anziehend. An guten Tagen kann man große Freude daran finden, sich in dieser so furchtbar gegensätzlichen Welt umher treiben zu lassen. An schlechten Tagen erfordert es jedoch recht viel "contenance", nicht den Verstand zu verlieren.

ein guter Tag mit neuen Freunden..... (Quelle: Rozy Kennedy)

In Amritsar entspanne ich mich für zwei Tage und mische mich unter die zahlreichen Touristen, die nach dem Besuch in Pakistan eine ungewohnt sympathische Abwechslung darstellen. Als "Mekka" der gläubigen Sikhs ist Amritsar ein guter Ausgangspunkt, um nach so langer und intensiver und interesannter Reise durch die muslimische Welt in die religiöse Vielfalt Indiens eingeführt zu werden. Nach kurzer Rast im Goldenen Tempel und herzlicher Verabschiedung meiner Weggefährten tausche ich Turban gegen Fahrradhelm, um die letzte Etappe in Angriff zu nehmen. Mein Plan ist es, den Himalaya-Ausläufern im Norden Indiens bis zur heiligen Stadt Rishikesh zu folgen und dann von dort aus entlang des heiligen Flußes die heiligste aller Städte - Benares - zu erreichen. Man bemerkt: irgendwie hat hier so ziemlich alles einen mystischen und religiösen Hintergrund und jeder Ton, jeder Geruch und jede Geste sind Teil dieses bunten, niemals endenden "Gottesdienstes".

Sonntag, 30. Oktober 2011

Pakistan...

Bye Bye China!

Sallam' Pakistan - als der highway noch Asphalt hatte...

Pakistan ist, zumindest auf dem Papier, eines der kritischen Länder meiner Route. Interessant ist im Vorfeld, wie weit (wieder einmal) politische Berichterstattung in den Medien von den Berichten entgegen kommender Reisender abweichen. Keiner berichtet von Kidnapping, Taliban oder Gewaltakten der einheimischen Bevölkerung. Der Pessimist in mir warnt: Opfer der aufgezählten Freizeitaktivitäten trifft man wohl kaum. Meine Gefühle sind gemischt, aber meistens überwiegt - Gott sei Dank - die Neugierde über Angst und Pauschalisierung.  Von China (Norden) kommend, beginnt unsere (Jeremys (UK), Peters (D) und  meine) Reise mit der Überquerung des Karakorum über den sogenannten Karakorumhighway - der einzigen Verbindung zwischen China und Pakistan. Der Name "Highway" ist im vorliegenden Fall ein wenig irreführend und vielleicht symbolisch gemeint (der Autor konnte nicht herausfinden was eigentlich gemeint ist). Die staubige unasphaltierte Trasse schlängelt sich durch beeindruckende Schluchten vorbei an den höchsten Bergen dieser Erde (K2, Annapurna, Rakaposhi...), während die Aussicht zwischen atemberaubend und gigantisch hin und her schwankt. Nach der Überquerung eines gefluteten Tals per Boot erreichen wir unsere erste Station: das kleine Nest Karimabad im Hunza Valley zu Füßen des Berges Rakaposhi. Das Dorf ist ein Ort wahrer Entspannung und für mich ein kleines Wunder, denn bis auf ein paar Expeditionsteams und uns ist niemand da. Man hat zwar die ganze Zeit das Gefühl, dass vielleicht Nebensaison ist, da die netten Cafés und Souvenirläden ungewohnt leer sind, jedoch wird uns berichtet, dass dieser Anblick seit einigen Jahren der Normalfall ist. Als Folge der Geschehnisse des 11. Septembers gilt Pakistan als Ort, den man meidet, wenn man nicht gerade auf der Suche nach Ärger oder einer Ausbildung zum Terroristen  ist. Touristen bleiben da natürlich aus. Mit welcher Nachhaltigkeit das Image des Landes in den Medien zerstört wurde, ist beeindruckend und traurig zugleich. Allerdings muss man dazu sagen, dass nicht alle Teile des Landes den Frieden so hoch hängen wie die Bewohner des Hunza Valley. .. Neben der beeindruckenden Bergkulisse freuen wir uns auch über das gute Essen, das schon ziemlich indischen Flair aufweist. Der weitere Weg führt uns nach Islamabad, um auch mein letztes Visum zu ergattern. Mit jedem Kilometer, den wir weiter gen Süden fahren, steigt die Luftfeuchtigkeit bis man eigentlich gar nicht mehr genau sagen kann, was zuerst da war - das Wasser in der Luft oder der Schweiß auf der Haut. Die Hauptstadt Islamabad ist relativ langweilig und fügt sich damit ins Bild des Stereotyp 'Hauptstadt'. Nach erfolgreichem Abschluss der Visabeschaffung geht die Reise in östlicher Richtung weiter nach Lahore. Sowohl geografisch als auch kulturell ist man dann eigentlich schon so gut wie in Indien. Bevor es über die Grenze geht, verbringen wir noch einige Tage im wunderschönen Lahore und genießen ein letztes Mal die unvergleichbare Gastfreundschaft der islamischen Welt. Unser Gastgeber hat in jeder Situation noch ein Ass im Ärmel und führt uns kulturell und vor allem kulinarisch in völlig unbekannte Gefilde. Als es dann eines Morgens aufgeht in Richtung der indischen Grenze,   blicke ich zurück auf 3 Wochen voll großer Freude und bin gewiss zurückzukehren. Und plötzlich wird mir klar, dass das hier mein letztes Land, mein letztes Visum und die letzte Grenze  ist und ich nach 5 Monaten angekommen bin in diesem seltsamen großen Land voller Gegensätze und kleiner Wunder.


...hier kommt die Flut - Überschwemmung in Hunza...

Jeremy auf dem "highway"...
prime-time am Rakaposhi...

...Radeln  im Hunza Valley...

dusty roads..."Buckelpiste" meets highway?!


zurück in die Zivilisation...Lahore...






Samstag, 15. Oktober 2011

China...

full moon Irkeshtan



keine lupenreinen Vegetarier...

die Pamir-Show (Pik-Lenin-Gruppe)

...ich wache auf  und weiß (wie so oft in den letzten Monaten) nicht genau, wo ich bin... ach ja... immer noch diese Fahrradgeschichte...ich bin auf dem Weg nach China. C-H-I-N-A... dann kommt erst einmal lange nichts. Das ist neu. Ich bin seit genau 4 Monaten auf der Straße und mein vom Vollmond erhelltes Zelt steht auf dem Grenzpass (Irkeshtan) auf 3600 Metern. Draußen pfeifft der Wind, drinnen ist es kalt und das Wasser in meiner Flasche schmeckt eigenartig kristallin. Zum ersten Mal wird mir klar, dass ich nun wirklich weit weg von "zu Hause" bin. Wobei  ... Moment mal! Eigentlich ist doch China die Heimat meiner Gitarre, meiner Schuhe, meiner Hose, meines Zeltes.... die Liste wäre beliebig weiterführbar. Nur die Jacke kommt aus Bangladesh - ein Rebell. Mir scheint, als wäre ich schon vorher ein halber Chinese gewesen... zumindest was mein Konsumverhalten angeht. Das Visum gab es allerdings trotz meiner langjährigen Unterstützung der chinesischen Wirtschaft nicht.


Der Weg nach China fällt definitiv unter die Kategorie: MÜHSAM, da die Grenze von drei hohen Pässen abgeschottet wird. Dazu kommt noch, dass die Straße mitunter in einem sehr schlechten (bzw. sehr staubigen) Zustand ist, was für Fahrrad (und Fahrer) hier und da recht anstrengend werden kann. Die Landschaft allerdings ist atemberaubend schön. Das Überschreiten der Grenze fällt dann aber für chinesische Verhältnisse realtiv "unkompliziert" aus. Da ich kurz vor der Grenze beschlossen habe, alleine weiter zu reisen, habe ich auch endlich noch einmal einen Kulturschock ganz für mich alleine. Auf dem Weg zur Provinzhauptstadt Kashgar scheint jede Kommunikation zwischen mir und meiner Umwelt zu scheitern. Selbst auf nonverbaler Ebene (Hand-Fuss oder Tanzen des Namens ) ist nichts zu holen. Auch die Leute machen den Eindruck, als wollten sie gar nicht wissen, was hinter den hohen Bergen sonst noch so los ist. Nach Kashgar komme ich nur mit großer Mühe, da sich zu den für diese Breitengrade "normalen" Verdauungsstörungen noch Fieber und extreme Müdigkeit gesellen. Umso mehr freue ich mich dann endlich im Schlafsaal der Jugendherberge schlafen zu können. Als ich aufwache, stelle ich fest, dass neben mir noch 15 andere Radler aus der ganzen Welt vor Ort sind. Die meisten von ihnen sind mir bekannte Gesichter der letzten 7000 Kilometer. Im alternativen Fahrerlager ist die Stimmung recht ausgelassen, während die eine Hälfte krank im Bett liegt und die andere kulinarischen Köstlichkleiten - wie Schafshirn oder Hühnerfuss - hinterherjagt. Unter den Radlern treffe ich Jeremy aus England und Peter aus Deutschland, die beide in die gleiche Richtung unterwegs sind. Da die Chemie stimmt, beschließen wir, bis zur pakistanischen Grenze, die man momentan nur mit dem Bus erreichen kann, zusammen zu fahren. Und plötzlich fällt mir auf, dass ich auf der Karte eigentlich gar nicht mehr weit weg von Indien bin. Wäre da nicht der Karakorum und P-A-K-I-S-T-A-N

Sand zwischen den Zähnen...



Bye Bye C-h-i-n-a